Rindfleisch und Rauschmittel als Geschenke für Beamte

In Nordkorea werden Beamte immer häufiger mit
teurer Ware bestochen, besonders während des Erntedankfests Chuseok. Wie Daily
NK durch gut informierte Quellen vor Ort erfahren konnte, sind besonders
Rindfleisch (obwohl das Schlachten von Kühen illegal ist) und eine im Land als
„Ice“ bekannte Droge (Methamphetamin bzw. Crystal Meth) sehr gefragt.

 

Eine Quelle aus der Provinz Süd-Hwanghae
berichtete uns am 7. September: „Wenn das Chuseok näher rückt, stehen Beamte
und Donju [die neue wohlhabende Mittelklasse] Schlange, um Bestechungsgeschenke
entgegenzunehmen. Geld und Fleisch sind derzeit die beliebtesten Güter an
Feiertagen.“

 

Weiterhin behauptete die Quelle, dass Beamte
während der Feiertage mittlerweile mehr Zeit auf den Märkten als mit der
Familie verbringen, um ihre Kontakte und ihren Einfluss aufrechtzuerhalten.
Früher bestimmten Einfluss und Macht über den Rang einer Person in Nordkorea, gegenwärtig
ist es jedoch in erster Linie Geld.

 

Während des Chuseok und anderen Feiertagen
gibt es Beamte, die man ohne Wenn und Aber bestechen muss. Darunter: Der
Marktleiter [der die Händler einer Gegend zuweist, Gebühren entgegennimmt
etc.], der beauftragte Staatssicherheitsbeamte [der für die Überwachung und
Vorschriften zuständig ist] sowie Tankstellenleiter, die Benzin und Diesel
verwalten.

 

Nordkoreas ungezügelte Bestechungskultur hat
zu einem größeren öffentlichen Bewusstsein der Tatsache beigetragen, dass gute
Beziehungen mit Beamten elementar sind, möchte man seinen Markttätigkeiten
ungestört nachgehen. Aber obwohl Bestechungsgeschenke mittlerweile
selbstverständlich geworden sind, gibt es eine Vielzahl an geeigneten Gütern,
und die Preise dafür steigen an.

 

„[Während der Vorbereitungen zum Chuseok] wird
der Zug von Pjöngjang nach Peking dazu genutzt, chinesischen Schnaps,
hochwertige Spirituosen, Ananas, Bananen und andere Güter ins Land zu bringen“,
führte die Quelle aus. „Die Leute verwenden Feiertagsgeschenke als eine
Gelegenheit, Beamte heimlich zu bestechen. Unlängst galten Geld und ein
nahrhafter Karpfen oder Zigaretten [für Männer] als angemessen. Seit Neuestem
wird auch ‚Ice’ als geeignet betrachtet.“

 

„Ice“, in Nordkorea auch als „Bingdu“ bezeichnet,
wird in Hamheung, Provinz Süd-Hamhyung, von Unternehmen wie Nanam
Pharmaceuticals in Massen produziert. Neuerdings hat die illegale Verbeitung
dazu geführt, dass sogar Stasi-Mitglieder die Droge gelegentlich konsumieren.

 

Ein Gramm „Ice“ kostet 100 chinesische Yuan
[ungefähr 130’000 nordkoreanische Won]. Obwohl der Preis doch sehr hoch ist,
gilt das nicht zwangsläufig für Beamte, die die Droge nehmen. Sie sehen es als
Preis dafür, dass sie ihren Einfluss und Marktverbindungen aufrechterhalten. „Da
das Gesetz kaum durchgesetzt wird, können Beamte problemlos Drogen als
Geschenke entgegennehmen. Die erhaltene Menge ist vom Status und Rang abhängig;
ranghöhere Beamte erhalten demnach mehr ‚Ice’. Wenn man nur einen Stempel
braucht, genügt ein Gramm zusammen mit einem US-Dollar. Und obwohl das
Schlachten von Kühen verboten ist, wird auch gerne Rindfleisch als
Bestechungsgeschenk verwendet. Wenn sie das Fleisch anbieten, müssen sie
vorgeben, es stamme von einer Kuh, die krank war.“


In Nordkorea ist es verboten, dass Kühe für
ihr Fleisch geschlachtet werden, da sie für die Landwirtschaft extrem wichtig
sind und als „Produktionsmittel“ gelten. Tote Kühe können jedoch als Vorrat
benutzt werden, normalerweise für Beamte oder Soldaten. „Heutzutage möchten Beamte
am Chuseok keine Songpyeon [gefüllte Reiskekse] mehr, sie möchten Fleisch. Es
gibt Leute, die alles dafür tun, um Fleisch für den Weiterverkauf zu
beschaffen. Wirklich schlaue Händler planen zeitlich, um am Chuseok die
richtigen Geschenke bereit zu haben. Sie bieten den Leitern frisches Fleisch
unter dem Vorwand an, dass es von einem an einer Krankheit gestorbenen Tier
stammt. Dann ist es nämlich erlaubt, das Fleisch entgegenzunehmen.“